Der Tag nach dem 9. November 89

Ich kann mich an den 9. November ehrlich gesagt kaum erinnern. Ich war damals 12 Jahre jung und der Tag an sich verlief wie jeder andere auch.
Vielmehr ist mir jedoch der 10. November in Erinnerung geblieben.
Meine Schwester und ich waren zu Hause und mein Vater kam relativ früh von der Arbeit, wir haben auf meine Mutter gewartet.
Als meine Mutter heimkam, sagten meine Eltern, dass sie nach Berlin fahren und ob ich mitkommen wollte. Natürlich war mir zu jener Zeit bewusst, dass man von Potsdam bis nach Ostberlin gute 45 Minuten mit der Pappe dem Trabant unterwegs war. Irritiert fragte ich, warum sie dort hin wollten und dass das ja viel zu weit sei. Nee, nee … wir fahren nach West Berlin!
Ich zögerte und ließ mich dann von meiner Schwester bequatschen, dass ich da bleibe und unsere Nachbarin und Freundin meiner Schwester meinen Platz einnahm. Sind nun mal nur vier Plätze im Trabant.
Heute bereue ich dies sehr, aber ich bin da keineswegs sauer oder nachtragend.
Ich erinnere mich auch, dass ich abends lange gewartet habe und es wurde, für mein Gefühl jedenfalls, immer später. Ich habe angefangen mir Sorgen zu machen, Was wenn meine Familie nicht wiederkäme? Wenn die die Mauer einfach wieder zumachen?

An jenem Tage wurde mir klar, dass die Mauer gefallen war. Mir war klar, dass sich etwas verändern würde, aber das Ausmaß konnte noch niemand überschauen.

Es dauerte nicht lange und man richtete eine Buslinie von Potsdam nach Berlin Wannsee sein. Die Busse waren voll wie Harald Juhnke zu seinen besten Tagen, als ich das erste Mal dann mit meiner Mutter nach Berlin fuhr. Ich erinnere mich an den den Grenzübergang Dreilinden. Nach 20 Jahren ziemlich schwierig in Worte zu fassen, was ich damals empfand. Vom S-Bahnhof Wannsee fuhren wir mit der S-Bahn nach Charlottenburg und haben uns in die Schlange an einer Bank eingereiht um unser Begrüßungsgeld in Empfang zu nehmen. Es war an jeder Bank voll und die Menschen standen aus den Filialen bis raus auf die Straße, aber das waren wir ja gewohnt.

Geposted am Dienstag, 10. November 2009 so gegen 00:01
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Kommentare: 1 Kommentar.
Kommentare
Kommentar von buntklicker.de - 15. November 2009 gegen 23:17

Ich — als Westberliner geboren — habe ?brigens am 10. November 1989 auf der Oberbaumbr?cke gestanden, ein Bein links vom Strich und eins rechts, und Leute umarmt, die aus Ostberlin in den Westen str?mten. Und ich habe Blumen geschenkt bekommen, da ich der erste Westler (siehe oben) auf dem Weg war, dem Menschen aus dem Osten begegneten.

Abends habe ich dann zusammen mit anderen an der Wollankstra?e versucht, die Mauer abzurei?en. Nicht erfolgreich, aber meine Eltern haben bis heute einen Betonblock im Garten liegen.






















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